Baslerworld 2016

Baselworld 2016 – Nachgefragt bei Karl Heinz Nuber

Die Baslerworld 2016 steht vor der Türe. Was erwartet uns auf dem Uhrenmarkt – Kevin Underwood hat bei Karl Heinz Nuber nachgefragt.

Vom Smartwatch-Hype, zahlbaren Tourbillon’s, down pricing bei den Luxus-Marken, dem Krieg der Uhrwerke, der sinnlosen Materialschlacht in der Uhr und vom ewig drehenden Personal Karussell.

Sie sind seit über 40 Jahren mit der Uhrenindustrie verbandelt und waren der erste Journalist der hauptberuflich über Uhren publizierte. Was erwartet uns an der Baselword im Frühjahr 2016?

Nach dem zehnjährigen Jubiläum 2015 mit dem Tourbillon Magazin kann ich 2016 auf ein weiteres Jubiläum zurückblicken. 40 Jahre Baselworld. Auf Ihre Frage, was wird uns erwarten. Ein Thema wird sicher die Smartwatch sein.

Smartwatch, Nick Hayek Swatch Group CEO, meinte es gebe keinen Smartwatch Hype, dies sei ein Hirngspinst kranker Journalisten ……

Nick Hayek ist für mich persönlich eine Provokation auf zwei Beinen, aber wechseln wir das Thema kommen wir zurück zur Smartwatch. Die Smartwatch ist dieses Jahr und wird auch 2016 ein zentrales Thema sein.

Warum war Apple mit der Apple Watch an der Baselworld nicht als Aussteller vertreten?

Apple war schlichtweg unerwünscht, obwohl Sylvie Ritter, Direktorin der Baselworld meinte, dass auch Hersteller von Smartwatches jederzeit an der Baselworld willkommen sind.

Also wird mit zwei Massstäben gemessen, zwischen den renommierten Schweizer Uhren und den Smartwatches, warum?

Apple hat keine Lobby an der Baselworld, hinter den renommierten Schweizer Luxusuhrenmarken stehen Aussteller Komittees – ein Internationales und ein Schweizerisches – die im Prinzip Entscheider sind, wer an der Baselworld ausstellen darf und wer nicht. Es geht sogar noch weiter, die Kommittes bestimmen, welcher Journalist mit welchem CEO sprechen darf und welcher nicht, was einer Ausgrenzung respektive unlauterem Wettbewerb gleichkommt.

Schützt sich so die Baselworld von lästigen Konkurrenzanbieter aus dem Smartwatch Umfeld …

Das könnte sein. Wie schon erwähnt, Apple hat kein Smartwatch Kommitte an der Baselworld, das die Apple Interessen vertritt, die herkömmlichen Schweizer Uhrenhersteller sind auch nicht interessiert, eine Smartwatch Marke neben sich als Aussteller zu haben, es sind mehrheitlich Image Gründe, wobei auch der Futterneid eine Rolle spielt ……

Wenn die Geschäftsleitung der Baselworld zeitgemäss ticken würde müssten sie …..

Richtig einen Pavillon für Smartwatches errichten, wo alle Smartwatch-Hersteller eine Plattform hätten … sowohl Austeller als auch Konsumenten … wie dies an der China Clock & Watch Fair in Shenzen praktiziert wird.

Die herkömmlichen tradierten Uhrenhersteller stehen unter Druck und müssen an der Baselworld eine Smartwatch vorstellen …

TAG Heuer wird am 9. November 2015 eine Smartwatch im LVMH Gebäude in New York lancieren …. Frederic Constant und Alpina haben letztes Jahr ein Smartwatch vorgestellt, Bvlgari ist auch auf dem Zug aufgesprungen, Mondaine brachte auch eine auf dem Markt, Swatch hat auch mitgezogen…
Die auf dem Markt befindlichen Produkte sind meines Erachtens nicht ausgereift. Der bisherige Ansatz ist der Falsche, denn die meisten Hersteller wollen praktisch ein Handy auf’s Handgelenk bringen. Zudem ist eine hohe Autonomie noch nicht gelöst, die Akkus können noch nicht halten, was sie versprechen. Montblanc und IWC arbeiten mit dem E-Strap, das heisst die klassische Uhr wird nicht angetastet, die Informationen laufen über das E-Strap, die technische Lösung kommt aus Hongkong.

Ein weiteres Thema der Baselworld sind zahlbare Tourbillons …..

Die Auswirkungen des letztjährig eingeleiteten allgemeinen price downgrading machen auch vor den Tourbillon‘s keinen Halt.
TAG Heuer zum Beispiel wird einen Chronographen mit Tourbillon zu einem unschlagbaren Kampfpreis von 14‘900 Schweizer Franken an der Baselworld vorstellen. Wie schaffen Sie es, ein Tourbillon zu diesem Preis anzubieten? Jean-Claude Biver, Direktor der LVMH Uhrendivision und TAG Heuer CEO hat auch schon die richtige Antwort bereit „Indem wir alles selber herstellen und nicht, wie manche andere, teuer einkaufen. Wir haben unsere gesamten Produktionszellen saniert und rentabel gemacht“.
Raymond Weil hat letztes Jahr auch ein Tourbillon für 39‘000 Schweizer Franken vorgestellt.
Montblanc wird zum Beispiel am im Januar 2016 stattfindenden SIHH in Genf eine Stahlversion der Montblanc Heritage Chronométrie Twincounter für unschlagbare 2750 Euro lancieren mit dem preiswerten Basis Sellita Automatik Kaliber SW300 das baugleich mit dem ETA Automatik Kaliber 2892 ist. Der Fokus von Montblanc liege schon immer bei 2000 – 5000 Schweizer Franken, klärt mich Alexander Schmiedt, Direktor Category Management Watches auf. Eine weitere Montblanc Neuheit wird die Montblanc Heritage Chronométrie Quantième Annuel, ein Jahreskalender für 9500 Schweizer Franken mit einem Sellita Basis Werk und einem Dubuis Depraz Modul sein.
TAG Heuer bietet einen Chronographen für 4900 Schweizer Franken, also unter 5 K an.
Uhren zu Einsteigerpreisen waren dieses Jahr ein ernstzunehmendes Thema und werden das nächste Jahr auch wieder ein zentrales Thema sein …

Bleiben wir bei den Uhrwerken, hier wurde ein richtiger Uhrwerke Krieg durch den Lieferstopp für die Swatch Group bis 2019 entfacht …

Die Wettbewerbskommission hat die Swatch Group respektive die zur Swatch Group gehörende ETA zu einem Lieferzwang bis 2019 verdonnert. Die Swatch Group muss also einen schrittweisen Abbau der Lieferverpflichtungen gegenüber Dritten einhalten.
Einige Uhrwerkhersteller sind schon in die Bresche gesprungen, wie zum Beispiel Sellita mit dem SW300, Soprod mit dem A10, Technotime mit dem TT651, die baugleich mit dem ETA 2892 Kaliber sind, was der Uhrenindustrie sehr entgegenkommt. Auch La Joux-Perret und Concepto versuchen die Lücke zu füllen, die durch den Lieferstopp entstanden ist.
Der zwischenzeitlich verstorbene Swatch Group Patron Nicolas G. Hayek hatte den Lieferstopp der ETA im Jahr 2010 in weiser Hinsicht ins Leben gerufen und landet damit einen grossen Coup. Die Mitwettbewerber mussten sich auf Ihre Uhrwerke konzentrieren und hatten keine Zeit mehr für Produkteinnovationen, was wiederum der Swatch Group einen Wettbewerbsvorteil verschaffte.
Der Trend geht sowieso in Richtung Unabhängigkeit, vielen Uhrenhersteller sehen in einer vertikalen Diversifikation die Lösung.

Bleiben wir bei den Uhrwerken, was halten Sie von der Materialschlacht im Uhrwerk, die immer mehr in den Vordergrund kommt?

Die Hightech-Verliebheit macht auch in der Uhrenindustrie nicht halt. Innovative Materialien aus der Formel 1 und aus dem Flugzeugbau finden Eingang in die Uhrwerke. Wobei auch hier gilt, wahre Eleganz entsteht durch die Kunst des Weglassens. „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann“, meinte schon Antoine de Saint-Exupéry.

And last but not least: das Personal Karussell hat sich noch nie so rasch gedreht wie 2015, was ist die Uhrsache?

2015 war das Jahr der höchsten Fluktation bei den CEO’s, die Uhrsache ist darin zu suchen, dass es sich um ein Jahr der Konsolidierung handelt – Konsolidierung auf hohem Niveau. Die Uhrenhersteller im oberen und mittleren Preisniveau stehen ziemlich unter Druck, der hohe Schweizer Franken als Exportland wirkt sich nachteilig aus, Russland und China, einst Absatzmärkte für teure Uhren schwächeln, desweiteren hat die Uhrenindustrie auch durch das Antikorruptionsgesetz sowie durch das Werbe-Verbot von Luxusuhren in China stark gelitten respektive grosse Einbrüche zu verzeichnen. Eine Bereinigung kündigt sich an, ähnlich wie im Krisenjahr 2009.

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