Schweizer Luxus-Uhrenmarken entdecken crowdfunding

Schweizer Luxus-Uhrenmarken entdecken crowdfunding

Die restriktive Kreditvergabe Politik der Schweizer Banken zwingt neue teure Uhrenmarken beim Markteintritt nach ungewöhnlichen Alternativen der Finanzierung. Die Sammelfinanzierung findet immer mehr Anhänger in der Uhrenindustrie. Nie zuvor haben sich Schweizer Luxus-Uhrenmarken an ein solches Unterfangen gewagt.

Bislang war Crowdfunding in Kultur-Kreisen, bei Non-Profit-Organisationen oder für Start-ups als Finanzierungsmodell bekannt. Jetzt springen auch gewinnorientierte Unternehmen auf das Finanzierungsvehikel auf. Das zeigt das Beispiel der Schweizer Uhrenfirma DuBois et fils aus Le Locle. Seit August 2012 hat sich das Unternehmen über 1,4 Millionen Franken an Investitionsgeldern aus der ganzen Welt gesichert. Das Ziel von 1,5 Millionen Franken zur Wiederbelebung der «ältesten Uhrenfabrik der Schweiz», wie sich DuBois et fils selber nennt, ist somit fast erreicht. «Es war sehr ambitiös und die 1,4 Millionen Franken sind überraschend viel», sagt Geschäftsführer Thomas Steinemann.

Dubois Thomas Steinemann
Thomas Steinmann – CEO DuBois & Fils

Noch im letzten Sommer war völlig offen, ob die Refinanzierung der Traditionsfirma gelingt und sich das Unternehmen aufrappeln kann. «Mit herkömmlichen Finanzierungsarten, zum Beispiel über einen Grossinvestor, wäre ein Relaunch in unserem Sinne sehr schwierig geworden», sagt Steinemann. Solche Investoren hätten oft ihre eigenen Vorstellungen einer Marke und erwarteten einen möglichst raschen und hohen Profit. Aus diesem Grund setzte DuBois et fils als erstes Unternehmen in der Luxus-Uhrenbranche überhaupt auf das moderne Modell der Schwarmfinanzierung.

 

DUBOIS
DUBOIS

Eine Firma wie DuBois et fils scheint davon in mehrfacher Hinsicht zu profitieren: Sie bekommt dadurch nicht nur Teilhaber, die mit ihrem Geld für die Firma einstehen, sondern gleichzeitig auch zahlreiche unentgeltliche Markenbotschafter: «Jeder, der in unsere Firma investiert hat, bekommt einen satten Rabatt auf die Uhren unserer ersten Kollektion», verspricht Steinemann. Über 200 Leute aus 14 Ländern werden bald eine DuBois-Uhr am Armgelenk tragen und damit den Namen bekannter machen. Ausserdem gebe es nun bereits «grössere Investoren», die Interessen am Unternehmen zeigten, sagt Steinemann.

Für die Trendforscherin Karin Frick vom Gottlieb-Duttweiler-Institut ist klar, dass Schwarmfinanzierung auch abseits von Kulturprojekten immer mehr an Bedeutung gewinnt. «Es ist ein trendiges Finanzierungsmodell und es eignet sich in der Privatwirtschaft für Traditionsmarken und Liebhaberobjekte», sagt Frick. Typischerweise werde Crowdfunding dort angewendet, wo auf klassischem Weg kein Geld mehr zu bekommen sei.

An der Uhrenfabrik DuBois et fils können sich noch weitere Investoren beteiligen. Anleger können eines der Crowdfunding-Pakete zwischen 500 und 10’000 Franken erwerben. Die neue Kollektion ging 2013 in Produktion. Die einzelnen Editionen sind dabei auf je 99 Stück limitiert. Zwei Modelle sind schon öffentlich vorgestellt worden – die concept ONE und concept TWO. Weitere sind in Vorbereitung und werden in Kürze präsentiert, unter anderem Modelle mit historischen Kalibern aus dem Lagerbestand von DuBois et fils.

Einer der profiliertesten Uhren Projekte das auf der crowdfunding Plattform Kickstarter in den letzten Monaten startete erreichte sein Ziel von 50.000 € innerhalb von nur acht Minuten. Das Klokers Klok-01-Projekt lag bei mehr als € 263.000, fünfmal mehr als erwartet, was Gründer Nicolas Boutherin, Präsident und künstlerischer Leiter und Richard Piras, Chief Executive Officer, selbstverständlich erfreute. Beide sind mir persönlich bestens bekannt.

Nicolas Boutherin und Richard Piras
Nicolas Boutherin, Präsident und künstlerischer Leiter Richard Piras.

Klokers zeigt sich wie bei der Finanzierung auch bei der Gestaltung seines Vertriebs erfinderisch. Auf der Crowdfunding-Seite Kickstarters wurde im September 2015 im Internet eine weltweite Kampagne gestartet. Das genaue Datum wurde erst ein paar Tage vor dem Start der Marke bekannt gegeben. Der weltweite Erfolg stellte sich auf Anhieb ein. Die Internetbesucher registrierten sich zur Vorreservierung ihrer Modelle, von denen die ersten eine Nummerierung tragen. Ab dem 1. November 2015 übernimmt der e-shop Klopkers.com das Ruder und wir der Community der Klokers eine ganze Erfahrungswelt bieten. Die Ersten Bestellungen werden ab Februar 2016 ausgeliefert. Das klassische Vertriebsnetz in den Läden wird gleichzeitig an den Start gehen.

Klokers
Klokers

„Unser Ziel lauter, bis 2019 eine Verkaufszahl von 150‘000 Uhren erreicht zu haben“, so Richard Piras. „Wir gehen davon aus, dass es sich hier um ein industrielles Projekt handelt. Man muss verstehen, dass sich Klokers hinter dieser Idee als ein weltweites und weltumspannendes Projekt versteht, dass sowohl das Design, die Produktion und den Vertrieb auf unkonventionelle Weise abdeckt“, so Nicolas Boutherin. „Wir werden Ende 2015 in fünf bis sechs Ländern des europäischen Marktes vertreten sein, was rund zweihundert Verkaufspunkten entspricht, im Anschluss bis Mitte 2016 dann auch in den grossen Kaufhäusern parallel zu einem Onlineshop. Bis Ende 2016 reicht unser Vertrieb bis nach Asien und in die USA. Was den Nahen Osten betrifft, so ist dies ein besonderer Markt, mit dem wir bereits Gespräche führen“, ergänzt Nicolas Boutherin.

„Wir planen für die erste Auflage 3 500 Uhren pro Modell. Wir versuchen auch Vertriebsseitig für Innovation zu sorgen. Die erste Marktpräsenz erfolgte über die Plattform Kickstarter, wie schon erwähnt. Diese Kampagne auf Kickstarter wird uns gleichzeitig als Werbekampagne dienen. Man gelangt von dort direkt auf die Internetseite von Klokers, die dem Kunden rund um das Thema zum „Ablesen der Zeit“ eine wahre Erfahrungswelt bietet. Auch dort kann man sich sein Modell reservieren lassen. Wenn schliesslich alles reibungslos abläuft, möchten wir Anfang 2018 unsere erste Klokers Boutique eröffnen“, meint Richard Piras.

Klockers
Klokers

Klokers spielt mit der Erinnerung, ohne in der Vergangenheit verhaftet zu sein, ohne Nostalgie, ohne Vintage Effekte. Sondern mit ganz klarer Ausrichtung auf die Zukunft. Ganz in diesem Sinne verweist jedes Modell auf einen originellen Gegenstand aus alter Väter Zeit: bei der KLOK-01 ist es eine Rechenscheibe, bei der KLOK-02 sind es die Zeitzonen. Diesen Objekte werden projiziert, transportiert und anhand einer zeitgenössischen Stilistik-Übung einer Metamorphose unterzogen.

 

Aktuelles Beispiel Czapek & Cie

Im Frühjahr 2015 haben Uhrenliebhaber dem Unternehmen Czapek & Cie. einen Betrag von 500.000 CHF zur Verfügung gestellt, um im Oktober seine ersten Uhren ausliefern zu können. Jetzt möchte das Unternehmen ganze 1 Million CHF durch eine beispielslose Crowdfunding-Kampagne mit einer internationalen Multiplattform aufbringen – das ist erste Mal überhaupt für eine Marke der Haute Horlogerie.

„Es ist der Traum jedes Uhrenliebhabers, Teilhaber einer Haute Horlogerie Manufaktur zu sein und eine Komplikation der Marke zu besitzen“, so CEO Xavier de Roquemaurel, „und Dank des traditionellen Subskriptions-Systems kombiniert mit modernen Crowdfunding-Möglichkeiten können wir diesen Traum nun erfüllen.“

Das Einstiegsmodell ist eine Komplikationsuhr mit einem proprietären, manuell aufgezogenen Manufaktur Uhrwerk, einer sieben Tage haltenden Gangreserve und einem Czapek typischen Doppelzeiger. Im ersten Jahr werden lediglich 250 Stück davon hergestellt.

Neben den klassisch-modernen Zeitmessern, die Czapek & Cie für anspruchsvolle Sammler und Uhrenenthusiasten herstellt, hat das Unternehmen auch eine innovative Strategie entwickelt, die es Uhrenliebhaber ermöglicht, am kreativen Prozess teilzunehmen.

Czapek & Cie wurde von drei Unternehmern mit einer Leidenschaft für feine Uhren und hervorragende Mechanik erneut zum Leben erweckt.  Der Firmengründer François Czapek war ein in Tschechien geborener, polnischer Uhrmacher, der sich 1832 in Genf in der Schweiz niederließ. 1839 gründete er mit seinem Landsmann, dem Polen Antoni Patek, die Uhrenmanufaktur Patek, Czapek & Cie. Sechs Jahre lang stellten sie außergewöhnliche Uhren her.

„Czapek verdient es, wiederbelebt zu werden. Er war einer der großen Uhrmacher des 19. Jahrhunderts, der brillant feinste Mechanik mit äußerst raffinierter Ästhetik verband“, so Xavier de Roquemaurel, ceo des Unternehmens. Czapeks Uhren, die auf Auktionen immer noch sehr begehrt sind, offenbaren das Wesentliche der Zeitmessung, das Streben nach Perfektion und zeitlose Eleganz.

Czapek & Cie wurde 2013 von dem Unternehmer Harry Guhl in Partnerschaft mit Xavier de Roquemaurel und einem Uhrmacher, der vorerst anonym bleiben möchte, erneut ins Leben gerufen. Die Uhren werden per Subskription und über ausgewählte Händler erhältlich sein. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Genf, Schweiz.

Fotocredit: © Coloures-pic

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