Zwei chinesische Milliardäre – Joseph Lau Luen Hung und Liu Yiqian – waren die letzten Jahre auf Shoppingtour und überboten sich ständig.
Joseph Lau hat diese Woche zwei aussergewöhnliche Diamanten ersteigert und eine Immobilie verkauft. Am Dienstag war es ein seltener pinkfarbener Diamant mit 16,08 Karat für 28,7 Millionen Franken beim Auktionshaus Christie’s in Genf. Am Mittwoch ein mit 12,03 Karat zwar kleinerer, aber dafür umso speziellerer blauer Diamant für 48,6 Millionen Franken bei Sotheby’s, ebenfalls in Genf. Und am Donnerstag schliesslich setzte Joseph Lau, chinesischer Milliardär aus Hongkong, seine Unterschrift unter einen milliardenschweren Immobiliendeal in seiner Heimatstadt.
Damit verschaffte er sich wohl das nötige Kleingeld, um zu Weihnachten alle seine Kinder derart reich zu beschenken, wie er es eben bei seiner jüngsten Tochter Josephine getan hatte. Die beiden frisch erstandenen Diamanten sind nämlich für die Siebenjährige bestimmt. Entsprechend hat sie Lau auch gleich umbenannt: Der pinkfarbene Diamant heisst neu «Sweet Josephine» (Süsse Josephine), der blaue – bisher bekannt als «Blue Moon» – wird ergänzt um den Namen seiner Besitzerin: «The Blue Moon of Josephine». Beeindruckend ist nicht nur die Kadenz, in der Lau diese Woche zugeschlagen hat. Sondern auch die schieren Summen, die dabei im Spiel sind. Gleich zweimal hat er sämtliche Rekorde gebrochen: Der Josephines Blauer Mond ist das teuerste, jemals an einer Auktion verkaufte Schmuckstück. Der bisherige Rekord lag bei 46,2 Millionen und stammt aus dem Jahr 2010, als der 24,78 Karat schwere Diamant «Graff Pink» bei Sotheby’s versteigert wurde.
Der zweite Rekord ist die Summe, die Lau für den Mass Mutual Tower in Hongkong erzielt hat: Seine Immobilienfirma Chinese Estates Holding verkauft das 26-stöckige Gebäude für 1,6 Milliarden Dollar – das 27-Fache des Kaufpreises. Es ist damit die teuerste Immobilie, die in Hongkong je die Hand gewechselt hat.
Der 64-jährige Lau ist auch abgesehen von seiner Vorliebe für farbige Diamanten und teure Geschenke eine schillernde Figur. Er hat sechs Kinder aus drei verschiedenen Beziehungen. Mit der ersten Frau war er laut Wikipedia verheiratet, die anderen beiden hatten den Status einer Freundin – zeitweise sogar gleichzeitig. Die erste der beiden, Yvonne Lui, Halbfinalistin bei der Wahl zur Miss Hongkong und Chemikerin mit Doktortitel, war 24 Jahre alt, als sie Lau in London begegnete. Ein Jahr später bekamen die beiden eine Tochter.
Laus zweite Freundin, Chan Hoi-Wan, war sechs Jahre lang seine Assistentin, bevor sie 2008 mit 28 Jahren eine Tochter namens Josephine zur Welt brachte – was zu einem Eklat führte. Die lokalen Medien hatten früh spekuliert, dass Lau der Vater des Neugeborenen sein dürfte. Seine Langzeit-Freundin Yvonne Lui reagierte auf die Gerüchte mit einem Dementi – worauf Lau sie öffentlich blossstellte. Er bezeichnete sie als «hirnlos» und «dumm». Das Drama führte allerdings nicht zu einer Trennung; 2010 bekamen Lui und Lau einen Sohn. 2012 wurde Lau erneut Vater, dieses Mal bekam die jüngere Chan einen Sohn.
Allerdings machte Lau nicht nur mit seinen Frauengeschichten Schlagzeilen. 2014 wurde er in der Glücksspiel-Enklave Macao wegen Bestechung und Geldwäscherei schuldig gesprochen. Er und ein Geschäftspartner sollen einen früheren Minister mithilfe einer illegalen Zahlung in Millionenhöhe davon überzeugt haben, ihnen ein Stück Land an bester Lage in der chinesischen Sonderregierungszone für ein Luxusimmobilienprojekt zu verkaufen. Der Milliardär wurde zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt, bleibt aber auf freiem Fuss, weil zwischen Hongkong und Macao kein Auslieferungsabkommen besteht.
Josephine dürfte eine der einzigen Siebenjährigen mit einer so umfangreichen Juwelensammlung sein. Bereits ein Jahr nach ihrer Geburt schenkte Lau ihr den ersten Diamanten: Dieser war ebenfalls blau, 7,03 Karat schwer, kostete 9,5 Millionen Dollar und wurde in «Star of Josephine» umbenannt. Konkurrenz macht ihr insbesondere ihre Halbschwester Zoé: Der 13-jährigen Tochter von Yvonne Lui kaufte Lau im letzten Jahr einen 9,5 Karat schweren Diamanten für 32,6 Millionen Dollar und einen Rubin für 8,4 Millionen.
Die Super-Sammler
Der chinesische Milliardär Liu Yiqian gehört zu den bekanntesten chinesischen Kunstsammlern. Ein Gemälde von Amedeo Modigliani hat bei einer Auktion in New York für 170,4 Millionen Dollar (rund 158 Millionen Euro) den Besitzer gewechselt. Dies sei für ein Werk des italienischen Malers ein Rekord, berichtete die «New York Times». «Nu Couche», ein weiblicher Akt, entstand zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Es gehört nun dem chinesischen Milliardär Liu Yiqian. Er hatte es Joseph Lau weggeschnappt.
Mit einer Stunde Verspätung und einer Entourage von Mitarbeitern rauscht sie ungeschminkt und mit offenem Haar in ihr helles Büro zum Interview. Wang Wei, eine der einflussreichsten chinesischen Sammlerinnen von Gegenwartskunst, ist ganz in Schwarz gekleidet. Die 52-Jährige strahlt eine zwingende Autorität aus. Zur Begrüssung überreicht sie schmunzelnd eine kleine Nachbildung einer Trinkschale aus der Ming-Zeit. Darauf ist eine pickende Hühnerfamilie dargestellt. Das Original ersteigerte ihr Mann Liu Yiqian letztes Jahr bei Sotheby’s für 36,3 Millionen Dollar.
Wang Wei und Liu Yiqian werden in Chinas Kunstszene ehrfurchtsvoll «die Supersammler» genannt. Gemeinsam besitzen sie etwa 2300 Werke, die mehrere Jahrhunderte chinesischer Kunstgeschichte dokumentieren. Die Sammelgebiete sind übersichtlich aufgeteilt: Er ist für die traditionelle Kunst wie Kalligrafie, Tuschmalerei und Porzellan verantwortlich. Ihre Leidenschaft beginnt bei der Moderne. So besitzt Wang Wei mit rund 300 Grafiken die grösste zusammenhängende Sammlung der sogenannten Red Classics, also Werbeplakate aus der Mao-Ära. Hinzu kommen wertvolle Gemälde der Republikzeit und bedeutende Arbeiten der Gegenwart, zusammen etwa tausend Werke. «Zur zeitgenössischen Kunst bin ich erst 2009 gekommen, dennoch besitze ich schon die wichtigsten Positionen der wichtigsten chinesischen Gegenwartskünstler.» Dazu gehören beispielsweise Arbeiten von Grössen wie Fang Lijun, Zhang Xiaogang, Zeng Fanzhi und Xu Zhen. In jenem Jahr entstand nämlich die Idee, ein eigenes Museum zu bauen. Damit änderten sich sowohl Fokus als auch Strategie ihrer Sammlertätigkeit.
Liu Yiqian zielt seither vermehrt darauf ab, «verlorene» Kunstgüter Chinas zurück ins Land zu holen. Wang Wei achtet bei ihren Käufen nunmehr auf Vollständigkeit von Epochen. Ihr Ziel ist der Erwerb von Werken, welche die jeweilige Zeit eindrucksvoll repräsentieren. Hinter beiden Ansätzen steht ein klares, leidenschaftliches Bekenntnis zu China. Nicht nur die Sammler, sondern auch die Gesellschaft soll davon profitieren. «Es geht mir um die Vermittlung unserer Kultur im eigenen Land. Ich möchte mehr Menschen ins Museum holen, ihnen mehr Kulturbewusstsein beibringen.»
Das Geld hinter all den Aktionen stammt aus den Geschäften ihres Mannes. Die treibende und ordnende Kraft bringt Wang Wei ein. Ihr Zugang zur Kunst wirkt weniger theoretisch als vielmehr direkt, strukturiert und zielorientiert.
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