Überhaupt versteht Kaps sich auf das Schlachten heiliger Kühe, ohne dass sein Werk aber als Destruktion zu bezeichnen wäre, nein, es ist der am Anfang gefasste Gedanke des Schaffens. Und noch etwas gehört zur Genesis, nämlich geschaffene Dinge zu verbessern. Das ist es wohl, was auch den Autobauer aus Hamburg antreibt. Als Kind kochte er seine Ravioli um, weil er mit der Basis, mit dem Vorgefundenen, nie zufrieden war. Dass Oliver mit den Ravioli begann, weitete er dann auf Tretroller, Fahrräder, Motorräder und später auf Autos aus.
Als er vor 10 Jahren ein 53er Cadiallac original coupe de ville in der Mitte teilte und vebreiterte, ging durch
die internationale Cadiallac Szene ein Aufschrei. Sammler und Enthusiasten brüskierten sich, die Fachpresse schrie: Frevel. Solche Unkenrufe bügelt Oliver Kaps heute souverän ab: “was ich mache ist Kunst“ und streut sogar noch ein wenig Salz in die Wunden der selbsternannten Oldtimerpolizei,indem er mit einer Mischung aus Leichtfertig- und
Dreisteigkeit bei Svarovski anruft, Kristallsteine bestellt, sie in seiner Werkstatt kleinmalt und der Goldfarbe beimengt, mit der ein Autodach lackiert werden soll.
Auch Perlmuttmuscheln, die ja beinahe eine Art Naturporzellan verkörpern sind vor seinen Mühlen nicht sicher, denn Kaps ist fest davon überzeugt, zu Mehl vermahlen, werden sie seinem 36Schicht Lack eine nie dagewesene Tiefe verleihen. Oliver Kaps der Einstein und das Enfant Terrible des Automobilbaus zugleich. Nicht umsonst bekommt er aus der Industrie immer wieder Aufträge, Lackmuster für Prototypen zu entwerfen, bisher unmöglich scheinenden Dingen die Kontur der Wirklichkeit zu verleihen.
Seinen Fähigkeiten, seinem Schaffensdrank und seiner Kreativität scheinen keine Grenzen setzbar zu sein, manisch wie Leonardo da Vinci arbeitet er vor sich hin. Nicht von ungefähr mag es daher kommen, dass das Genie der Renesssaince wie ein Vorbild für ihn ist, ein Übervater der Kunst. Oliver Kaps lernte zunächst Koch, holte sein Abitur nach,
arbeitete in Italien als Kirchenrestaurator und baut heute Automobile in Einzelanfertigung für eine recht wohlhabende Klientel.“Meine Autos wie sind wie Massanzüge auf vier Rädern“
Bevor Oliver Kaps damit beginnt dem Kunden ein Auto zu entwerfen, Pläne zu zeichnen, am Computer Simulationen durchzuführen, tut der Chef der Manufaktur vor allem eines, er verbringt Zeit mit seinen Kunden. Viel Zeit. Geht mit ihnen essen, feiert, wird vielleicht sogar ein klein wenig Teil ihres Lebens, um herauszufinden, was das eben für Menschen sind, die bis zu 500t Euro bei ihm lassen, um ein individuell angefertigtes Automobil zu bekommen.
“Ich muss wissen, wie der Mensch tickt, dann weiss ich, was er für ein Auto braucht“
Dann dauert es bis zu zwei Jahre, bis das Kunstwerk unter seinem Dängelhammer in seiner, wie er sie selbst nennt “Wagenbauanstalt“ zur Vollendung gelangt. Das Blech auf ein Holznegativ gezogen, gleicht kein Auto auch nur ansatzweise dem anderen. Sind es hier Chesterfieldbezüge aus feinstem Pferdeleder in der genau ins oval eingepassten Sitzecke des Bell Rocks, einer Anfertigung für den Europapark, in Auftrag gegeben von der Eigentümerfamilie Mack,
sind es dort feinste in China eigens hergestellte Seidenteppiche der Firma Tai Ping, die in seinem nächsten Modell verlegt werden. Wenn eine solches Unikat dann seinem Besitzer übergeben wird, sollen gestandene Männer, Industrielle, Künstler, oder Fabrikanten schon Tränen in den Augen gehabt haben.
Oliver Kaps erschafft Träume.
Wagenbauanstalt
Web: Wagenbauanstalt
Text by Sascha Henn